Zeitungsartikel in der Zürichsee-Zeitung vom Freitag, 15. Juni 2001
Leid und Lust im Farbton der Form (von Katharina Albertin)

Horgen: Christoph Glarner zeigt seine Werke in der Villa Seerose

Hinaus aus dem Atelier und mit Mut vor die Öffentlichkeit. Christoph Glarner, mit Künstlername "FoFo", stellt vom 16. bis 18. Juni seine Acrylbilder in der Villa Seerose aus. In seinen Werken treten Farb und Form bald in wilde, bald in sanfte gegenseitige Auseinandersetzung; der Betrachter wird dabei ungehemmt miteinbezogen.

Wer vor FoFo's Bilder tritt, wird ohne Umschweife empfangen geheissen. Kein Augenkontakt wird gemieden. Direkt ins Angesicht schaut das mal leuchtende, mal stechende, mal dumpfe immer aber starrende Auge. Kubistisches Rund huldigt weiblicher Formschönheit. Ein Geheimnis macht der 33-jährige Künstler Christoph Glarner nicht aus seiner empfundenen Faszination für die Frau. "Das Teichmädchen", "Baby Doll", "die Dynamische", "die Griechin" und wie sie alle heissen, sie wiederspiegeln FoFo's künstlerisches Begehren der weiblichen Gestalt. Sie, die ihn — angetroffen im Gemüseladen, auf der Strasse oder in Gedanken — schon so oft zur schöpferischen Arbeit inspiriert hat. Er widmet sich ihr buchstäblich von Kopf bis zu den Füssen; Letztere posieren oft übergross mit kugellagerähnlichen Zehen. Die entstandene Perspektive lässt über die Bildgestalten nicht hinwegschauen. Im Gegenteil, sie nehmen für sich ein.

Wer triumphiert über wen?

Der weibliche Körper wird in FoFo's Bilderwelt zur Botschafterin list- und lustvoller Gefühlswahrheit, mal geht ihr Puls langsam, mal schnell. Triumphal tritt sie auf neben Werken wie "Opposition" und "Rush hours", wo in stummem Vorbeiziehen erstarrte Fische und Menschenköpfe Anonymität im kollektiven Trend-Erleben preisen. Oder ist alles gerade umgekehrt? Wer triumphiert über wen? Welche Realität ist die lebendigere? Die jüngsten Bilder von FoFo scheinen Zugang zu einer zusätzlichen Sprache zu finden: Trauer, Wehmut, Hoffnung. Da fasst einen der mattfarbene Büffel mit seinen kornfeldgelben Hörnern ruhig ins Auge. Vor pastellfarbenem Hintergrund scheint er über seine sonst übliche schmerzhafte Verbannung in die rote Aggressivität zu berichten. "Sonne und Mond" bieten sich sanftmütig an als Inseln auf dem Meer irdischer Sinnlichkeit. Und selbst die Frauen scheinen vermehrt, mit Blick auf eben diese Inseln, neben ihrer körperlichen Wonne auch ihre geistige Anmut herausstreichen zu wollen.

Vielfalt steckt auch in FoFo's Person

Der Wandel in Christoph Glarners Bildern ist faszinierend, ebenso die kraftvolle Vielfalt in jedem einzelnen Werk. Wer ist er? Darauf ist keine schnelle Antwort zu finden, die Vielfalt steckt auch in seiner Person. Der gelernte Maurer lebte seine Leidenschaft fürs Gestalterische schon als Zehnjähriger. Damals konstruierte er Segelboote, Vorlagen brauchte er nicht, er fand seine eigene Form. Das ist auch heute sein Prinzip. Seine Ideen wandern in Formen, Formen lassen Farben sich in ihrem sensiblen Spiel begegnen, nicht aber berühren. Auch Christoph Glarners Lebenskreise weisen verschiedenste Tönungen auf. Handwerkliche Erwerbsarbeit säumt juristisches Hochschulstudium, Extremsport flankiert Kunstschaffung. Letztere hat er in Richterswil und Horgen lebende Glarner in den vergangenen zwei Jahren stark intensiviert. Die Kunst ist in sein Lebenszentrum gerückt. Nun lässt er auch die Öffentlichkeit in seine Mitte blicken.


zurück